15.07.20 – Nach nicht einmal 40 Jahren wurde die Bad Hersfelder St. Wigbert Kirche wieder dem Erdboden gleich gemacht. Das Bistum Fulda erklärte auf OSTHESSEN|NEWS-Anfrage die Beweggründe für die Entwidmung und den Abriss der Kirche. Das Gelände am Bad Hersfelder Johannesberg wird in Zukunft für eine Pflegeeinrichtung genutzt.
„Die Gremien der Pfarrei St. Lullus Bad Hersfeld haben die Entscheidung für Aufgabe und Verkauf der Kirche St. Wigbert in Bad Hersfeld getroffen. Vor dem Hintergrund der laufenden und tief greifenden Veränderungsprozesse in Kirche und Gesellschaft. Im Rahmen dieser Prozesse haben sich die Gremien der Pfarrei entschieden, für die Erfüllung des seelsorglichen Auftrages in Zukunft auf die St. Wigbert Kirche zu verzichten, um ihre Kräfte für eine stärkere Wirksamkeit zu konzentrieren“, erklärte das Fuldaer Bistum.
Im Zusammenhang mit den strategischen Zielen zur Ausrichtung der Pastoral im Bistum Fulda gelte es ständig zu prüfen, wie die Ressourcen in Zukunft gut eingesetzt werden, „damit das kirchliche Leben in Zukunft gut organisiert und finanziert werden kann“, so das Bistum weiter. Dies umfasst auch die Aufgabe und den Verkauf von Gebäuden, auch von Kirchengebäuden, wie in Bad Hersfeld.
Abwägungsprozess oft schmerzhaft
„Bei der Aufgabe von Kirchengebäuden ist der dazu notwendige Abwägungsprozess besonders anspruchsvoll, sensibel und oft schmerzhaft. Dabei stehen die Planungen der zukünftigen pastoralen Arbeit einer Pfarrei im Vordergrund, es sind aber auch die wirtschaftlichen Alternativen sowie die baulichen und historischen Qualitäten des Gebäudes miteinzubeziehen“, bilanziert die Diözese auf O|N-Anfrage.
Zur Hintergrundgeschichte der Kirche: Bei der Kirche St. Wigbert (Weihe 1981) handelte es sich um den jüngsten Bau der Pfarrei St. Lullus. Durch die Bauweise als Holzfertigteilbau ist jedoch eine geringere Dauerhaftigkeit gegeben im Vergleich zu den älteren Massivbauten. Die erwartbaren künftigen Erhaltungsaufwendungen (unter anderem ein Asbest-belastetes Dach) für ein solches Gebäude stellten sich deshalb im Verhältnis zur substanziellen Qualität von Architektur und Ausstattung besonders ungünstig dar, ebenso alternative Nutzungsmöglichkeiten, so das Bistum weiter.
Bis Mitte der 1960er Jahre gab es auf dem Johannesberg keinerlei Bebauung außer einem Militärflugplatz und dem Ausflugslokal. Danach wurde dieses Gebiet eines der größten Neubaugebiete in der Stadt Bad Hersfeld. Es dauerte nicht lange, bis der Wunsch nach kirchlichen Einrichtungen nach und nach realisiert wurde. So wurde im Jahr 1977 der Grundstein für das evangelische Gemeindezentrum gelegt, nachdem man sich über ein paar Jahre mit einem Provisorium geholfen hatte. Am 20. Dezember 1981 (4. Advent) wurde dann die katholische Kirche St. Wigbert offiziell eingeweiht.
Finanziert wurde das Bauwerk durch das Bistum Fulda sowie durch Spendengelder engagierter Gemeindemitglieder. Auch wertvolle Fenster und eine Orgel waren über die Jahrzehnte ein wichtiger Bestandteil in der Kirche. Trotz der guten Voraussetzungen der Kirche, sank in den letzten Jahren das Interesse der Kirchenmitglieder. Zunächst wurden die Gottesdienstzeiten angepasst, dies brachte allerdings keine Verbesserung und schließlich, auch wegen fehlender Pfarrer, musste das Gotteshaus aufgegeben werden. Die Entwidmung fand im September 2019 statt. Danach wurde das erst 38-jährige Kirchengebäude auf den Abriss vorbereitet, der im vergangenen Monat seinen Abschluss fand. Künftig wird das Grundstück für eine Pflegeeinrichtung genutzt. Die Figur des Heiligen Wigbert wird dort ein Platz erhalten, damit wenigstens eine kleine Erinnerung an das ehemalige Kirchengelände bleibt. (Kevin Kunze)+++
Fotos: Wigbert Mattausch